Sonntag, 13. Juli 2014

Wo ist mein Schlüssel?!

Die Uhr zeigte schon 07.15 und wenn sie mit mir hätte reden können, die Uhr, hätte sie mich spätestens jetzt wie ein Soldat im Boot Camp angespornt mich endlich aus dem Haus zu bewegen.
Viel fehlte dazu nicht mehr, nur noch meinen Schlüssel - ohne diesen konnte ich wirklich nicht aus dem Haus. An der Haustüre hielt ich kurz inne. Hatte ich ihn gestern mit in die Küche genommen? Ich trabte im Sturmschritt in die Küche (der Soldat wäre stolz auf mich gewesen). Kein Schlüssel. Wo konnte er nur sein? Vielleicht im Arbeitszimmer! Da angekommen wühlte ich im Chaos auf dem Schreibtisch. Ein Blick auf die Uhr: 07.20. Die Körpertemperatur stieg langsam aber sicher. Doch auch hier kein Schlüssel. Dafür kam mir das Päckchen vom Versandhaus in die Finger, das ich schon vor ein paar Tagen hätte zurück schicken sollen. Das Engelchen auf meiner rechten Schulter flüsterte mir in strengem Ton ich solle es doch gleich mitnehmen, ich müsse ja nur noch die Etikette drauf kleben. Teufelchen auf der linken Schulter zeigte mir nur grinsend die Uhr an seinem Handgelenk. Ahhh mist mist mist!!! Ja guuuut, der Engel siegte. Ich fahre ja sowieso später an der Post vorbei, also ja. Etikette drauf, schnell noch Klebeband rundherum - nein Moment! Der Rücksendeschein fehlt! Nochmal im Chaos wühlen. Ah das ist er ja. Was hatte ich nun behalten und was schickte ich wieder zurück? Blick auf die Uhr: 07.25. Ich könnte es noch zum Meeting schaffen. Rücksendeschein wird leer eingepackt, was solls, wegen einmal. Mit dem Paket unter dem Arm zurück in die Küche.

Das fällt mein Blick auf einen graubraunen Haufen am Boden. Oh neiiin, Sinclair! Der Kater hat Haarballen gekotzt. Nein ich hab jetzt keine Zeit zum putzen. Aber ich muss, denn bis am Abend wird sich diese Masse festigen und mit dem Boden eins werden, sodass es härtere Geschützte zur Entfernung braucht. 07.35 Uhr. Verdammt! Jetzt aber schnell zum Auto! Im Kopf gehe ich die möglichen Abkürzungen auf meinem Arbeitsweg durch den Kopf und bleibe in der Tür stehen: mein Schlüssel! Das wollte ich eigentlich suchen! Also im Eiltempo wieder in die Küche. Der kann doch nur hier sein! Ich suche in meinen Dekotöpfen, unter der Tischdecke, in den Schubladen und sogar im Kühlschrank. Immernoch kein Schlüssel. Sinclair kommt schnurrend auf mich zu und streicht mir um die Beine. Neiiiin!!!!! Wo ist die Fluselrolle? Hektisch rolle ich meine Hosenbeine ab und suche gleichzeitig weiter in den Schränken nach meinem Schlüssel. Das Teufelchen auf meiner linken Schulter krümmt sich vor lachen und projiziert vor meinem geistigen Auge eine Uhr so gross wie die Freiheitsstatue. Das Deo leistet zwischenzeitlich auch schon seinen Dienst, der Adrenalinspiegel ist so hoch wie bei einer Achterbahnfahrt. Scheiss auf den Schlüssel!!! Das Meeting ist wichtig, ich muss nun gehen. Bleibt halt die Wohnung offen, wird sich schon nicht gerade heute ein Einbrecher denken, er könne ja mal bei mir vorbeischauen.

Ich rase, nur ein wenig über der erlaubten Höchstgeschwindigkeit und mit Hilfe aller meiner Abkürzungen Richtung Büro. Selbstverständlich komme ich in eine Kontrolle. Natürlich, war ja klar!!!!! Als ich den Polizisten erblicke, schau ich sofort nervös auf den Tacho, zu schnell? Viel zu schnell? Nein zum Glück nicht, dank der Abkürzung zwischen engen Gassen musste ich das Tempo drosseln. Dennoch winkt mich der Herr in blau raus. Scheisse! Jetzt komme ich bestimmt nicht mehr rechtzeitig zum Meeting. Ganz toll.

"Grüezi, Uswiis und Fahrzüguswiis, bitte" sagt der Herr Polizist in strengem Ton.
Ich wühle hektisch in meiner Tasche.
HA! Da ist ja mein Schlüssel!!!!! Aber keine Zeit mich jetzt noch mehr zu ärgern. Ich überreiche dem Polizisten meine Papiere und frage mit Unschuldsmiene aber doch mit einem etwas unguten Gefühl ob ich denn zu schnell gewesen wäre.
"Nei, nei - nur ihres vordere rächte Liecht isch kabutt!" Achsoo... ja danke für die Info. Kann ich jetzt bitte weiterfahren? Ich darf. Mit dem versprechen das Licht heute noch ersetzten zu lassen.

Zwar froh meinen Schlüssel wieder zu haben aber schweissgebadet und mit der Angst im Nacken eine Einbrecherbande räumt mir just in diesem Moment die Wohnung leer, komme ich im Büro an. Ich fühle mich als wäre ich einen Marathon gelaufen. Doch, da stimmt etwas nicht an diesem Bild in meiner Abteilung. Eine Kollegin kommt mit einer Tasse Kaffe aus dem Pausenraum:"Oh hi, auch schon da?" Ich denk mir ein paar Fluchwörter aus, die ich aber nicht ausspreche und antworte "Ja ich hatte gerade einen ziemlichen Stress!". Sie schaut mich etwas verdutzt und belustigt an:" Warum denn? Das Meeting wurde abgesagt, hast du heut morgen das SMS nicht gelesen?"

Ich geh in den Pausenraum und lasse mich mit einem doppelten Espresso auf den Stuhl sinken.

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